Hurra!
Es geht weiter mit unserer Geschichte:
„Von einer die auszog, das Dreieck zu füllen“ oder mein 5-Tage Reitkurs im April 2016 bei Bettina Schürer auf dem Reckeroder Hof
Nachdem Randjah im letzten Jahr eine verletzungsbedingte Pause hatte, kann ich mich nun endlich wieder seiner Aus- und Weiterbildung widmen. Mein Ziel dabei ist das der klassischen Dressur, ein gesundes, freudig mitarbeitendes Reitpferd bis ins hohe Alter zu erhalten. Bei meinem ersten Pferd, Ole hat das wunderbar funktionert. Er hat letztes Jahr mit stolzen 33 Jahren sehr aufmerksam und ausdrucksvoll bei der Arbeit geglänzt. Eine Verletzung hat erst einmal Schluss mit dem Training gemacht, aber er erholt sich gut.
Bettina Schürer ist mir seit, sage und schreibe, 22 Jahren bekannt. Ich schätze ihr unvergleichbar gutes Beobachtungsvermögen und darauf aufbauend ihre konsequent physiologische Pferde- und Menschenausbildung. Bettina bleibt stets ihrem Weg treu, gut informiert was in der Pferdewelt passiert, aber ohne auf Modeerscheinungen einzugehen oder gar auf Showeffekte zu setzen, die dann aber zu Lasten des Pferdes gehen. Als Schüler nimmt man immer wieder das mit, was man zur Zeit umsetzen und erfassen kann. Sie hätte sofort gemerkt wenn Randjah noch Schwächen oder Asymmetrien von seiner Verletzung zurückbehalten hätte.
Zum Glück war das nicht der Fall, wie während der ersten Beurteilung an der Longe festgestellt wurde. Gemeinsam mit den anderen zwei Kursteilnehmerinnen wurde nach einer ausführlichen Theorieeinheit über die Bemuskelung des Reitpferdes befunden, dass Randjahs Hals noch zu verbessern sei. Genau gesagt, gibt es da ein Dreieck vor dem Widerrist, das noch mit Muskulatur zu füllen, und im Gegenzug Unterhalsmuskultur abzubauen ist.
Die gute Nachricht war: „Die Hinterhandaktivität ist krass gut!“
wie es eine Kursteilnehmerin auf den Punkt brachte, allerdings fehlt die Übersetzung der Bewegung über den Rücken, den Widerrist, ins „leere Dreieck“ zum Genick und Kiefer.
Dieses Problem ist auch auf Randjahs Persönlichkeit zurückzuführen. Er vertraut nicht schnell, verhält sich erst einmal mit einem hohen Muskeltonus, Loslassen fällt ihm nicht leicht. Und dennoch ist es uns ein paar mal während des Kurses schön gelungen, die Bewegung über den Rücken bis in den Kiefer schwingen zu lassen. Das waren so Sternminuten, an die ich mich gerne erinnere und versuche zu Hause nachzureiten.
Wie haben wir das erreicht? Bettina zeigte uns die Methode der „Flexion de mouchoir“, der „Beweglichmachung des Mauls“. Wir Kursteilnehmer haben diese Methode mit unseren Pferden vom Boden und aus dem Sattel eingeübt, wobei Bettina warnte, das nicht zu oft und ritualisiert zu tun, da zu weiche Hälse für sie nicht erstrebenswert seien.
Wir haben auf eine offene Ganasche und eine höhere Kopfhaltung geachtet. Das soll dem Pferd helfen, den Widerrist zu heben und den Schwerpunkt in Richtung der Hinterhand zu verlagern.
Bei allem Fokus auf den Hals wurde aber auch die Hinterhand und die Verbindung über den Rücken nicht außer Acht gelassen. Beim Reiten wurde auch der Sitz korrigiert und bei der Bodenarbeit die Körpersprache des Menschen. Dieses ganzheitliche Betrachten ist es, was für mich Bettinas Arbeit auszeichnet und einizigartig macht.
Ein kleines Beispiel: Ich war kurz irritiert als Bettina der Besitzerin einer 8-jährigen Berberstute, zurief: „Action! Action! Nicht bummeln!“ Die Stute war mir doch zuvor durch ihren flotten Schritt und Trab aufgefallen! Gemeint waren die innerkörperlichen Bewegungen, das Beugen der Hanken, das taktvolle Vorfußen und somit die Stärkung der Tragkraft.
Ich war selbst überrascht wie unglaublich langsam so ein versammelter Schritt ist. Wenn Bettina mich nicht gestoppt hätte, hätte ich mein Pferd wohl aufgefordert, schneller zu gehen. Auf den Fotos und Videos, die wir immer wieder gemacht haben, konnte ich aber sehen, dass die Hinterhand tragend aktiv war.
Wir haben ausgiebig theoretisch erörtert warum z.B. die Seitengänge so einen hohen Stellenwert in der Pferdeausbildung haben, dabei erläuterte Bettina dass die Seitengänge zwar an Ausdruck im Laufe der Ausbildung gewinnen, aber von Anbeginn korrekt ausgeführt werden müssen. Falsch ausgeführte Seitengänge führen zu schädlichen Scherkräften und können damit Fesselträgerschäden, ISG Probleme etc. verursachen.
Kopie aus dem Buch „Pferdebeurteilung“ von G. Rau und J.U. Duerst, Olms Verlag zur Warnung, umsichtig mit Seitengängen umzugehen.
In einem 5-Tage Kurs ist viel Zeit und auch nicht immer gutes Wetter, so konnten wir auch die Wirkung der Stabilitätstrainer, die eine Kursteilnehmerin mitgebracht hat an unseren Pferden und uns ausprobieren und einen Film über die gleich wirkenden Sure Foot Pads ansehen.
Es gäbe noch so viel mehr vom Kurs zu berichten, aber ich beende meinen Bericht hier erstmal, damit er nicht zu lang wird. Eventuell schließt sich ja auch noch eine Diskussion oder Fragerunde an.
Liebe Grüße
Wiebke